Die Staatsanwaltschaft hat in den letzten Monaten einige Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der unberechtigten Beantragung von der Auszahlung der Corona-Soforthilfen eingeleitet. Sie ermittelt, wer die Unterstützungshilfen während der Coronapandemie wirklich brauchte und wer sie ohne tatsächlichen Anspruch ausgezahlt bekommen hat. In letzterem Fall ging man dabei von einem Subventionsbetrug aus.
Bei den Ermittlungen kam in Berlin die Frage auf, wegen welcher Tat sich beschuldigte Personen überhaupt strafbar gemacht haben könnten. In den meisten Bundesländern wird von einem Subventionsbetrug ausgegangen. Dies wurde auch in Berlin von einigen Gerichten angenommen, bis das Kammergericht kürzlich klarstellte, dass sich Personen, die Corona-Soforthilfen in unberechtigter Weise beantragt haben, nicht wegen Subventionsbetruges, sondern wegen Computerbetruges strafbar gemacht haben.
Beschuldigter hat viel mehr ausgezahlt bekommen, als er gebraucht hat
Anlass der Entscheidung des Kammergerichts war ein von der Generalstaatsanwaltschaft Berlin geführtes Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetruges.
Der Beschuldigte war angemeldeter Einzelgewerbebetreibender eines Unternehmens in Berlin. Im April 2020 hat er bei der Investitionsbank Berlin (IBB) für sein Unternehmen die Auszahlung von 5.000,00€ beantragt, welche im Rahmen Soforthilfeprogramm des Bundes zur Überwindung der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage während Corona gestattet wurde. Ihm wurde von der Generalstaatsanwaltschaft vorgeworfen, in dem Onlineantrag bewusst wahrheitswidrig angegeben zuhaben, dass der beantragte Zuschuss für die Sicherung seiner beruflichen bzw. betriebliche Existenz in der Corona-Krise erforderlich ist. Er soll bestätigt haben, dass er die beantragten Mittel ausschließlich für den betrieblichen Sach- und Finanzaufwand des Unternehmens für die nächsten Monate benötigen und verwenden werde. Das Geld, das er erhielt, war aber deutlich mehr, als er monatlich für seine Betrieb ausgeben musste. Die Generalstaatsanwaltschaft ging deshalb davon aus, dass er den Bund bzw. das Land Berlin um Geld betrogen hatte, welches er gar nicht für den vorgesehen Zweck benötigte.
Kammergericht nimmt Computerbetrug an
Während andere Berliner Gerichte zuvor von einem Subventionsbetrug ausgingen, nahm das Kammergericht in diesem Fall einen Computerbetrug an.
Wegen eines Subventionsbetruges nach § 264 StGB wird unter anderem bestraft, wer einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde über subventionserhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder einen anderen vorteilhaft sind.
Bei der an den Beschuldigten ausgezahlten Summe handelte es sich nach Ansicht des Kammergerichts zwar um Subventionen. Der Beschuldigte habe auch unrichtige Angaben gemacht, indem er versicherte, dass die finanzielle Unterstützung des Bundes für die Sicherung seiner betrieblichen Existenz in der Corona-Krise erforderlich sei. Das Kammergericht hielt genau diese Angaben aber nicht für subventionserheblich, was für die Begehung eines Subventionsbetruges aber notwendig ist.
Keine subventionserheblichen Tatsachen
Nach Ansicht des Kammergerichts befanden sich in dem Antrag der IBB keine subventionserheblichen Tatsachen. Denn die Tatsachen hätten durch das Land Berlin als Subventionsgeber in dem Antragsformular selbst oder auf gesetzlicher Grundlage hinreichend konkret als subventionserheblich bezeichnet werden müssen. Da dies verpasst wurde, scheidet eine Strafbarkeit wegen Subventionsbetruges im Land Berlin aus.
Strafbarkeit wegen Computerbetruges
Das Kammergericht sieht jedoch in der unberechtigten Beantragung eine Strafbarkeit wegen Computerbetruges nach § 263a StGB. Denn diejenigen Personen, die im Datenverarbeitungsprogramm der IBB für die Zahlung der Soforthilfe Corona II falsche Angaben gemacht haben, um die Corona-Hilfe unberechtigter Weise ausgezahlt zu bekommen, verwendeten das Programm unbefugt. In den meisten Fällen führte diese falsche Eingabe zur unmittelbaren Auszahlung der Zuschüsse und dies wiederrum zu einem Vermögensschaden im Bundes- bzw. Landeshaushalt.
Unterschied Subventionsbetrug und Computerbetrug
Der größte Unterschied zwischen Computer- und Subventionsbetrug liegt im Bereich des subjektiven Tatbestandes. Der Subventionsbetrug kann auch leichtfertig, also fahrlässig, begangen werden. Dies ist ein Nachteil, da ein Leichtfertigkeitsvorwurf schon in Betracht kommt, wenn ein Antragsteller ihm obliegende Prüfungspflichten, Erkundigungspflichten oder Informationspflichten verletzt. Beim Computerbetrug reicht hingegen ein fahrlässiges Vorgehen nicht. Hier sind vorsätzliches Handeln und die Absicht einer unrechtmäßigen Bereicherung Voraussetzungen.
Ein Vorteil des Subventionsbetruges gegenüber dem Computerbetrug liegt darin, dass beim Subventionsbetrug nicht bestraft wird, wer verhindert, dass die Subvention gewährt wird. Bei den Corona-Soforthilfen dürfte dies allerdings keine Rolle spielen, da die Hilfen automatisiert ausgezahlt wurden und es kaum möglich gewesen sein dürfte, die Auszahlung mit einer E-Mail oder einem Anruf zu stoppen.
Die angedrohte Strafe ist für beide Vorwürfe gleich. Sowohl der Subventionsbetrug als auch der Computerbetrug können mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, so dass es bei der Strafhöhe im Ergebnis keinen Unterschied gibt.
Fazit
Für Personen, die Corona-Soforthilfen beantragt haben, wird es regelmäßig vorteilhafter sein, wegen Computerbetruges verdächtigt zu werden. Denn die Voraussetzungen für die Auszahlungen der Hilfen waren zum damaligen Zeitpunkt ungenau und unverständlich. Viele Leute werden sich nicht sicher gewesen sein, ob sie anspruchsberechtigt sind oder nicht. Ein Vorsatz auf die unberechtigte Beantragung wird somit nur in den offensichtlichen Fällen zu beweisen sein. Diesen braucht es jedoch für die Strafbarkeit wegen eines Computerbetruges, während für die Strafbarkeit eines Subventionsbetruges auch Leichtfertigkeit ausreichend gewesen wäre. Um die Strafbarkeit wegen Subventionsbetruges begründen zu können, hätte Berlin aber darauf achten müssen, den Antrag anders zu formulieren oder die Soforthilfen gesetzlich als subventionserheblich zu beschreiben. Andere Bundesländer haben dies jedenfalls getan, weshalb entsprechende Verfahren dort wegen Subventionsbetruges geführt werden.
Rechtsanwältin Vanessa Gölzer, Strafverteidigerin aus Berlin