Für Besitz von Cannabis genügt allein eine freie Zugänglichkeit des Betäubungsmittels nicht

Inwieweit der Besitz von Cannabis unter Strafe gestellt sein sollte, wird in der Öffentlichkeit schon seit langem diskutiert. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Konsum von Cannabis straflos ist und Konsum eigentlich einen kurzweiligen Besitz des Cannabis mit sich bringt. Dass sich in der Praxis aber nicht jeder strafbar macht, der Cannabis konsumiert, zeigt ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofes (BGH), mit dem das Gericht die Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmittel aufgehoben hat.

Urteil des Landgerichts wegen Besitzes von Cannabis

Der Angeklagte war vom Landgericht München II unter anderem wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt worden.

Das Urteil des Landgerichts basierte auf folgenden Feststellungen: Der Mitangeklagte handelte mit Cannabisprodukten und lagerte diese in der Wohnung der Freundin des Angeklagten, zu der er auch einen Schlüssel hatte. Der Angeklagte, der sich oftmals in der Wohnung seiner Freundin aufhielt, durfte auch Cannabis von dem Vorrat konsumieren. Weil er bei der Wohnungsdurchsuchung in der Wohnung war und gerade einen Joint konsumierte, wurde auch er wegen Besitzes von Betäubungsmitteln angeklagt und verurteilt. Das Landgericht nahm für ihn einen Mitbesitz an den Cannabisprodukten an.

Beschluss des BGH

Dieser Beurteilung widersprach der Bundegerichtshof (BGH) in seinem Beschluss vom 18. August 2020 – 1 StR 247/20 (LG München II).

Definition von Besitz von Rauschmitteln

Der BGH definiert Besitz im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) so: Besitz setzt ein tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis und einen Besitzwillen voraus, der darauf gerichtet ist, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf die Sache zu erhalten. Allein eine freie Zugänglichkeit des Rauschgifts genügt nicht.

Angeklagter war nicht im Besitz

Nach dieser Definition sei nach Ansicht des BGH im konkreten Sachverhalt weder eine ausreichende tatsächliche Verfügungsgewalt des Angeklagten am Cannabisvorrat noch ein darauf gerichteter Besitzwille belegt. Die Verfügungsgewalt des Mitangeklagten über das Cannabis würde durch den bloßen Eigenkonsum des Angeklagten nicht in Frage gestellt werden. Solange der Mitangeklagte den Mitkonsum dulde, müsse der Angeklagte keinen eigenen Besitzwillen entwickeln. Unter diesen Umständen begründet der bloße Eigenkonsum an Ort und Stelle nach der Rechtsprechung des BGH noch keinen Besitz.

Das Verfahren wurde deshalb zur neuen Verhandlung an das Landgericht München zurückverwiesen.

Fazit

Cannabiskonsumenten machen sich also nicht wegen eines Verstoßes gegen das BtMG strafbar, wenn sie auf das Cannabis zwar zugreifen können, es aber jemand anderem gehört und derjenige den Mitkonsum duldet. Mit dieser erneuten Eingrenzung des Besitzes von Betäubungsmitteln macht der BGH deutlich, dass nicht jede mit dem Konsum von Cannabis verbundene Handlung strafwürdig ist.

Rechtsanwältin Vanessa Gölzer, Strafverteidigerin aus Berlin

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