Messer beim Diebstahl dabei – Verurteilung wegen bewaffneten Diebstahls

Immer wieder habe ich mit diesen Fällen zu tun: Jemand klaut Lebensmittel und hat ein Taschenmesser oder einen anderen spitzen Gegenstand in der Tasche. Obwohl das Messer nie eingesetzt werden sollte, folgt eine Anklage wegen bewaffneten Diebstahls – und das leider nicht ganz zu Unrecht. Denn wer bei einem Diebstahl ein Messer oder einen gefährlichen Gegenstand griffbereit bei sich führt, macht sich nicht nur wegen eines einfachen Diebstahls strafbar. Es droht vielmehr eine Verurteilung wegen Diebstahls mit Waffen nach § 244 StGB, für den eine Freiheitsstrafe ab sechs Monaten vorgesehen ist. Mandanten, die mit einem solchen Vorwurf zu mir kommen, sind oftmals entsetzt über die hohe Strafandrohung, denn meistens geht es nur um ein paar günstige Lebensmittel und somit um einen geringen Beutewert.

Man muss wissen, dass man ein Messer in der Tasche hat – sonst ist es kein bewaffneter Diebstahl

Es gibt eine Möglichkeit, den Vorwurf des Diebstahls mit Waffen zu entkräften: Wer sich nicht darüber bewusst ist, einen gefährlichen Gegenstand griffbereit dabeizuhaben, macht sich nur wegen eines einfachen Diebstahls strafbar. Wer das aber in der Hauptverhandlung vorträgt, muss mit einem kritischen Blick des Gerichts rechnen. Das zeigt auch eine neue Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 11.09.2023 – 1 ORs 4 ss 18/23.

Oberlandesgericht glaubt dem Angeklagten nicht

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hob ein Urteil des Amtsgerichts auf. Das Amtsgericht hatte den obdachlosen Angeklagten, der bei einem Diebstahl ein Springmesser und ein anders Mal ein Taschenmesser in der Jackentasche hatte, wegen einfachen Diebstahls verurteilt. Eine Verurteilung wegen bewaffneten Diebstahls erfolgte nicht, woraufhin die Staatsanwaltschaft erfolgreich Revision einlegte.

Der Angeklagte hatte in der Hauptverhandlung vorgetragen, dass es sich bei dem Springmesser um das Geschenk eines Freundes handele, welches er damals zum Schutz und zum Zerkleinern von Lebensmitteln allgemein bei sich gehabt habe. Zum Zeitpunkt der Tat sei er sich dessen jedoch nicht bewusst gewesen und habe das Messer auch nicht verwenden wollen. Auch beim zweiten Diebstahl habe er nicht mehr im Kopf gehabt, das Taschenmesser dabei zu haben.

Tägliche Verwendung von Messern spricht für Bewusstsein des Mitsichführens

Dem Oberlandesgericht genügte diese Einlassung nicht. Es verwies auf die ständige Rechtsprechung der Gerichte, nach denen ein allgemeines, sachgedankliches Mitbewusstsein darüber, ein funktionsbereites Werkzeug zur Verfügung zu haben, ausreicht.

Zudem erscheine es widersprüchlich, dass der Angeklagte sich darüber bewusst gewesen sein soll, das Messer allgemein, auch zur Selbstverteidigung bei sich zu führen, dies aber während des Diebstahls nicht mehr gewusst haben soll. Er habe die Messer außerdem zum Schneiden von Lebensmitteln bei sich gehabt und somit beabsichtigt, sie im Nachgang zur Tat zu verwenden. Insgesamt sei deshalb davon auszugehen, dass der angeklagte die Messer täglich und nicht nur in Ausnahmefällen verwende, was wiederum gegen das fehlende Bewusstsein des Mitsichführens spreche.

Angaben müssen wie immer gut überlegt sein

Man sollte sich also gut überlegen, ob und welche Angaben man zu dem Messer macht. Einfach zu behaupten, gar nicht an das Messer in der Tasche gedacht zu haben, reicht jedenfalls nicht, um der hohen Strafandrohung zu entgehen.

Strafverteidigerin Vanessa Gölzer, Fachanwältin für Strafrecht

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