Hundebesitzer:innen aufgepasst: Wer Hunde nicht anleint, läuft nicht nur Gefahr, ein Bußgeld zu kassieren. Es drohen vielmehr auch strafrechtliche Konsequenzen – zumindest, bei einem Angriff durch einen nicht angeleinten Hund. Das Landgericht Osnabrück verurteilte kürzlich einen Hundebesitzer wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe, nachdem sein Hund eine Spaziergängerin angegriffen hatte und diese gestürzt war.
Was war passiert?
Die Spaziergängerin lief mit ihrem Einkauf die Straße entlang, als der Angeklagte mit seinen zwei Schäferhunden das Haus verließ. Die Hunde waren nicht angeleint und liefen sofort auf die Frau zu. Der Angeklagte rief die Hunde umgehend zurück, aber nur einer gehorchte. Der andere regierte nicht auf die Anweisungen und sprang auf die Frau zu. Sie versuchte den Hund mithilfe ihrer Einkaufstasche abzuwehren, dabei kam sie zu Fall. Durch den Sturz erlitt sie mehrere leichte Verletzungen.
Die verletzte Frau zeigte den Hundebesitzer an und stellte einen Strafantrag. Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung beim Amtsgericht Bersenbrück.
Was ist Fahrlässigkeit?
Fahrlässige Delikte zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht absichtlich – oder juristisch korrekt: nicht vorsätzlich – begangen werden. Die Verurteilung wegen einer fahrlässigen Tat erfordert aber immer ein sorgfaltswidriges Verhalten. Eine Person handelt sorgfaltswidrig, wenn sie sich nicht so verhält, wie es ein gewissenhafter Mensch tun würde. Außerdem muss der Eintritt des Erfolgs vorhersehbar gewesen sein. Für die fahrlässige Körperverletzung heißt das konkret, dass ich die Gefährlichkeit meines Handelns und das potentielle Risiko für andere Personen vorhergesehen haben muss.
Ziemlich viele Komponenten, die das Gericht in der Nachsicht prüft und dabei auch oft die Anforderungen an vorhersehbare Folgen überspannt.
Amtsgericht und Landgericht waren sich einig – Hunde müssen angeleint werden, wenn sie nicht aufs Wort hören
Das Amtsgericht hatte den Angeklagten wegen des beschriebenen Sachverhalts zu einer Gelstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt. Dagegen legte der Angeklagte Berufung ein, so dass sich schließlich das Landgericht Osnabrück mit dem Fall beschäftigen musste.
Auch das Landgericht war der Auffassung, dass der Angeklagte sich einer fahrlässigen Körperverletzung strafbar gemacht hat. Die Sorgfaltspflichtverletzung sah das Gericht darin, dass der angeklagte Hundebesitzer mit einem großen, unangeleinten Hund in einem Wohngebiet spazieren ging, obwohl dieser offenbar nicht aufs Wort hört. Er habe mit dem Unterlassen des Anleinens das vorhersehbare Risiko geschaffen, dass der Hund sich anderen Personen nähern und sie angreifen konnte. Dass andere Personen bei dem Angriff des Hundes womöglich stürzen und sich verletzen können, habe der Angeklagte vorhersehen müssen (Urteil vom 20. Januar 2021 – 5 Ns 112/20).
Fazit
Hundehalter:innen, die mit nicht angeleinten Hunden durch ein Wohngebiet spazieren, sollten in Zukunft besonders darauf achten, dass sie ihre Hunde im Griff haben. Denn hören die Tiere nicht aufs Wort, was wohl bei den wenigsten Tieren immer gewährleistet sein dürfte, verhalten sich ihre Besitzer:innen sorgfaltswidrig und können auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Rechtsanwältin Vanessa Gölzer, Strafverteidigerin aus Berlin