Bargeld gefunden – der bloße Verdacht der illegalen Herkunft reicht für die Einziehung nicht

Wer Geld aus Straftaten bekommt, muss damit rechnen, dass dieses Geld im Strafverfahren eingezogen wird. Ist das Geld schon ausgegeben, wird der Wert eingezogen. Und sogar Geld, das nicht aus der abgeurteilten Straftat kommt, aber im Laufe des Strafverfahrens gefunden wird, kann der Staat unter bestimmten Umständen einziehen. Dann spricht man von der „erweiterten Einziehung“. Dass der Staat aber nicht jeden beim Beschuldigten gefundenen Geldbetrag einziehen kann, zeigt eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 26. Januar 2023 – 6 StR 503/22.

520 Euro bei Wohnungsdurchsuchung gefunden

In dem vom Bundesgerichtshof zu verhandelndem Fall fand bei dem Angeklagten eine Hausdurchsuchung wegen Verdachts auf Handeltreiben mit Betäubungsmitteln statt. Bei der Durchsuchung wurden unter anderem 520 € gefunden.

In der Hauptverhandlung verurteilte das Landgericht den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten und ordnete die Einziehung der 520 € an.

Erweiterte Einziehung war rechtswidrig

Vor dem BGH hielt zwar das Urteil, nicht aber die erweiterte Einziehungsentscheidung des Landgerichts. Denn das Landgericht hatte nicht hinreichend geprüft, ob das Geld aus einer legalen Quelle und somit nicht aus Drogengeschäften kommen könnte.

Eine erweiterte Einziehung setzt nach ständiger Rechtsprechung des BGH voraus, dass das Tatgericht die Überzeugung gewonnen hat, der Angeklagte habe die betreffenden Gegenstände aus rechtswidrigen Taten erlangt. Die Taten selbst müssen dabei nicht im Einzelnen festgestellt werden. Der bloße Verdacht der illegalen Herkunft eines Gegenstandes reicht für dessen Einziehung aber nicht aus. Besteht die nicht nur theoretische Möglichkeit, dass Vermögensgegenstände aus legalen Quellen stammen, ist die Anordnung der erweiterten Einziehung ausgeschlossen.

Geld kann durch langjährige legale Beschäftigung verdient worden sein

In diesem Fall hielt der BGHes für möglich, dass die bei der Durchsuchung gefundenen 520 € aus legalen Quellen stammen konnten. Denn das Landgericht hatte zum beruflichen Werdegang des Angeklagten festgestellt, dass dieser 10 Jahre lang als Trockenbau- und Bodenlegerhelfer selbständig war und nach eigenen Angaben 1.800 bis 1.900 Euro brutto monatlich verdiente. Nach Abzug der Steuern und Fixkosten würden ihm 400 bis 500 Euro monatlich verbleiben.

Dass der in der Wohnung gefundene Bargeldbetrag aus der insgesamt mehr als zehnjährigen Erwerbstätigkeit des Angeklagten stammen kann, hatte das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht in Betracht gezogen.

Das Argument der „szenetypischen Stückelung „

Das Indiz des Landgerichts, der Geldbetrag in der Wohnung sei in „szenetypischer Stückelung“ aufgefunden worden, verfing für den BGH nicht. Sichergestellt wurden in der Wohnung neun 50-, vier 20- und zwei 10-Euro-Scheine. Ein belastbares Indiz für Drogengeschäfte sei dies aber nicht, da Geld in dieser Zusammensetzung ohne Weiteres aus einer Abhebung aus einem Geldautomat stammen könne.

Eine Entscheidung des BGH, die insgesamt sehr erfreulich ist. Nicht nur, weil die erweiterte Einziehung bei legalen Einnahmequellen genau geprüft werden muss. Auch den Begriff der szenetypischen Stückelung stellt der BGH zu Recht in Frage, da ein größere Bargeldbetrag auch durchaus in vermeintlich szenetypischer Stückelung ausgegeben werden kann. Ein Gedankengang, mit dem sich vor Gericht gut argumentieren lässt.

Vanessa Gölzer, Strafverteidigerin und Fachanwältin für Strafrecht aus Berlin

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