Kosten des Strafverfahrens bei Jugendlichen – nicht bei bevorstehender Berufsausbildung

Wird ein Erwachsener wegen einer Straftat verurteilt, muss er die Kosten für den Strafprozess zahlen. Bei Jugendlichen ist das anders. Bei ihnen kann das Gericht nach § 74 Jugendgerichtsgesetz (JGG) davon absehen, sie mit den Kosten des Verfahrens zu belasten.

Eine wegen Beihilfe zum Diebstahl verurteilte Jugendliche kam nicht in den Genuss dieser Regelung. Das Landgericht legte ihr eine Geldauflage in Höhe von 500,00 € und die Kosten des Verfahrens auf. Dagegen wehrte sich die Verurteilte vor dem Oberlandesgericht Nürnberg, das ihr mit Beschluss vom 9. November 2023 – Ws 982/23 Recht gab. Denn das Landgericht hatte sich zu wenig mit der wirtschaftlichen Situation der Verurteilten beschäftigt.

Ermessensentscheidung des Gerichts

Ob ein Gericht einem jugendlichen Verurteilten die Kosten des Verfahrens auferlegt, ist eine Ermessensentscheidung. Das Beschwerdegericht kann diese Entscheidung nur auf grobe Fehler überprüfen.

Das Gericht muss bei seiner Entscheidung eine wirtschaftliche Gefährdung des Verurteilten vermeiden, ihm aber auch zeigen, dass er für die Folgen seines Tuns einzustehen hat. Immer zu berücksichtigen ist die Gesamtbelastung des Jugendlichen. Die Möglichkeit, Jugendliche nicht mit den Kosten des Verfahrens zu belasten, soll tendenziell ausgedehnt genutzt werden.

Eigentliche Rechtsfolge darf nicht nebensächlich werden

Für das Oberlandesgericht war die Kostentragungspflicht nicht mit dem Erziehungsgedanken vereinbar. Denn die Kosten des Verfahrens waren so hoch, dass sie die eigentliche Sanktion – eine Geldauflage von 500,00 € zu zahlen, weit überstiegen.

Berufsausbildung kann gegen Kostentragung sprechen

Darüber hinaus sah das Oberlandesgericht in der anstehenden Berufsausbildung der Verurteilten ein Hindernis für die Kostentragung. Zwar verdiene sie durch eine befristete Tätigkeit noch sechs Monate lang 1.500,00 € netto. Allerdings plane sie, nach der Befristung eine Ausbildung zu beginnen, was für das Oberlandesgericht eine wünschenswerte Entwicklung darstelle. Die Gründung einer selbstständigen Existenz würde unterlaufen, wenn die Verurteilte die Kosten tragen müsse.

Das Oberlandesgericht hob mit dieser Begründung die Entscheidung des Landgerichts auf.

Rechtsanwältin Vanessa Gölzer, Fachanwältin für Strafrecht

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